Ingrid-von-Reyher-Preis für Chancengleichheit 2021 geht an Kerstin Jacob

Ingrid-von-Reyher-Preis für Chancengleichheit 2021 geht an Kerstin Jacob

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Auszeichnung unter anderem für generationenübergreifendes Engagement in der Seniorenarbeit der Hochschule Mittweida

Ausgezeichnet: Kerstin Jacob, Trägerin des Ingrid-von-Reyher-Preises 2021, wirkt verbindend sowohl im Blick auf die Geschlechter als auch im Blick auf die Generationen.

„Für ein gemeinsames Format des Miteinanders der über 200 Seniorinnen und Senioren, Menschen mit zwischen 60 und über 80 Jahren Lebenserfahrung, für eine so bunte Gruppe von sowohl emeritierten Professoren wie auch früheren Beschäftigten aus Verwaltung und Fakultäten ist ihr kommunikatives Fingerspitzengefühl in Herz und Verstand erfolgsmaßgeblich, frei von Vorurteilen und offen für diverseste Lebenssichten“, so heißt es im Schreiben der Kolleg:innen von Kerstin Jacob, mit dem diese sie für den diesjährigen Ingrid-von-Reyher-Preis vorgeschlagen hatten.

Kerstin Jacob ist Laborantin in der Fachgruppe Werkstoffe – Fertigung – Qualität der Fakultät Ingenieurwissenschaften und am Institut InnArbeit von Professor Leif Goldhahn. Auch dort ist sie für ihre herzliche Freundlichkeit und offene Persönlichkeit ebenso sehr geschätzt wie für ihre fachliche Kompetenz in noch eher männerdominierten Disziplinen.

Die Jury hat sich dieser Sicht angeschlossen. Rektor Ludwig Hilmer und Kanzlerin Sylvia Bäßler konnten am Mittwochnachmittag im Rahmen der Sitzung des Senats die Auszeichnung überreichen.

Der Preis ist benannt nach Dr. Ingrid von Reyher (1908–2004), die ab dem Jahr 1947 als erste Frau an der damaligen Ingenieurschule unterrichtete. Im Jahr 2012 erstmals vergeben und mit 1000 Euro dotiert hat die Auszeichnung inzwischen nicht nur die Chancengleichheit von Männern und Frauen im Blick, sondern würdigt auch Projekte und Initiativen, die sich darüber hinaus für die Verbindung und Einbeziehung unterschiedlicher Menschen und Gruppen an der Hochschule Mittweida einsetzen.

Botschaftsauftrag der Generationen

Die Verbindung der Ehemaligen zu ihrer Hochschule und untereinander lebendig zu halten, hat sich Kerstin Jacob als Leiterin der Seniorenarbeit seit dem Jahr 2019 zur Aufgabe gemacht. Glückwünsche zu Geburtstagen und besonderen Anlässen gehören selbstverständlich dazu. Ausflüge, Besichtigungen von Laboren der Hochschule, Vorträge und natürlich die Weihnachtsfeier in der Mensa stehen im Jahreskalender. Coronabedingt musste 2020 und 2021 die Weihnachtsfeier ausfallen. Im vergangenen Jahr gestaltete Jacob mit ihrem Team dafür einen „SeniorINNen-Kalender“ mit Archivbildern der Hochschule und Ansichten von Mittweida. In diesem Jahr gab es einen „Geschenkebrief“ an die Senior:innen. Auch waren 2021 wieder einige Aktivitäten möglich, wie eine Wanderung nach Ringethal mit einem Orgelkonzert in der dortigen Dorfkirche, die Besichtigung des Laserinstitut Hochschule Mittweida, ein Keramik-Kurs und ein Vortrag über sächsische Burgen und Schlösser mit Michael Kreskowsky. Finanziert wird die Seniorenbetreuung vom Förderkreis Hochschule Mittweida e.V.

Die Ehemaligen „interessieren sich sehr und nehmen regen Anteil an der Entwicklung der Hochschule. Ihr Interesse ist auch die größte Motivation für die Arbeit in der Seniorenbetreuung“, sagt Jacob. In den Gesprächen und Treffen gehe es nicht nur um die Geschichten von früher. Die Ehemaligen wollen wissen, was an der Hochschule passiert. Umgekehrt sensibilisieren die Interessen der Ehemailgen auch die aktuellen Kolleg:innen für die Fragen des Alters. „So erfüllt Kerstin Jacob einen Botschaftsauftrag der Generationen, der Gleichberechtigung in vielerlei Ausprägung anspricht“, heißt es im Nominierungsschreiben. Im Engagement der Preisträgerin zeigt sich, dass die „Hochschulfamilie“ auch über das aktive Erwerbsleben hinaus besteht.

Ingrid von Reyher

Am 30. Mai 1908 in Riga geboren, kam Ingrid von Reyher als 37-jährige promovierte Chemikerin nach Mittweida, unterrichtete zunächst stundenweise am Gymnasium und an der Ingenieurschule, dann ab 1947 regelmäßig in den Fächern Chemie und Physik, später auch Russisch, Biologie und Werkstoffkunde.

Ingrid von Reyher engagierte sich auch neben ihrer Lehr-Tätigkeit. Im Jahr 1993 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz für die jahrelange Beobachtungstätigkeit von Wetterentwicklungen und ihrer Auswirkung auf die Biosphäre. Sie war viele Jahre lang Stadtverordnete in Mittweida und vollzog als Standesbeamtin mindestens 400 Eheschließungen. Im Jahr 1998 verlieh ihr die Stadt als erster Frau das Ehrenbürgerrecht. ln ihrer Dankesrede anlässlich der Verleihung sagte sie: „Heimat ist da, wo man Menschen kennt, mit denen man reden kann, und wo man Freunde hat. Mittweida ist meine Heimat.“

lngrid von Reyher starb am 24. Juni 2004 im Alter von 96 Jahren in einem Freiberger Pflegeheim. Begraben ist sie auf dem neuen Friedhof in Mittweida in einer Grabstätte, deren Pflege in den Händen der Stadt Mittweida für ihre Ehrenbürgerin liegt.

Seit November 2019 trägt das Hochschulgebäude (frühere „Medienvilla“) an der Leisniger Str. 9 den Namen „Ingrid-von-Reyher-Villa". Die Namensgeberin wohnte dort bis 2002.