Vom Spiel ins Leben

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Mittweidaer Medieninformatik-Studierende mit eigenem Spiel auf Steam erfolgreich. Games-Branche und Alumni bei der digitalen „beta 2022“ zu Gast. Erfolgreiche Abschlussveranstaltung aus dem Esports-Haus der Hochschule Mittweida.

Professor Alexander Marbach (rechts) betreute das studentische Team bei der Entwicklung ihres Spiels. Sie präsentierten es bei der diesjährigen „beta“ der Öffentlichkeit. Max Schlosser (links) führte als Moderator durch den Abend. (Foto: Maike Pöschel).

Seit 2015 zum achten Mal und doch immer wieder neu: Die Studierenden des Bachelorstudiengangs Medieninformatik und Interaktives Entertainment luden zur beta ein. Dort trafen sich am 3. Februar der aktuelle Abschlussjahrgang, Alumni und Gäste aus der Games- und Softwarebranche, um in einem fünfstündigen Livestream aus dem hochschuleigenen Esports-Labor Erfahrungen auszutauschen und Kontakte zu knüpfen. Der Höhepunkt war die feierliche Präsentation und Veröffentlichung ihres gemeinsam entwickelten Videospiels.

Nachdem die beta 2021 von einer Präsenzveranstaltung im Zentrum für Medien und Soziale Arbeit kurzfristig auf eine reine Online-Veranstaltung umschwenken musste, entschieden sich Studierende und Lehrende bereits im November für eine Livestream-Produktion ausschließlich mit online zugeschalteten Gästen. „Wir hätten uns natürlich sehr über eine Präsenzveranstaltung gefreut“, sagt Shayan Horbank, studentischer Producer der beta 2022. „Durch die frühzeitige Entscheidung konnten wir aber dennoch eine interessante und hochqualitative Abschlussveranstaltung auf die Beine stellen.“

Los ging es mit Gastbeiträgen von Matthias Rudy (Lead Game Innovation Manager bei CipSoft), Stefan Loser (Mittweida-Almnus und Senior Technical Artist bei Gunzilla Games), Markus Bonk und Tom Potutschek (Projektmanager und COO bei Gecko Two) sowie einem Panelgespräch mit allen Gästen. Dann waren die Studierenden am Zug: Voller Stolz auf ihr Produkt präsentierten drei studentische Developer stellvertretend für ihr Team das Spiel "Ampguard" und veröffentlichten es offiziell. Über 1.400 Zuschauende verfolgten gespannt im Livestream auf dem Twitch-Kanal der Hochschule Mittweida die Präsentation und die anschließenden Einblicke in die Spieleentwicklung.

Über zehntausend Downloads in den ersten Wochen

Das anwendungsnahe akademische Ausbildungsprinzip hinter der beta und dem dort präsentierten Spiel ist deutschlandweit einzigartig: Zwei Semester lang arbeitet der gesamte Abschlussjahrgang gemeinsam an einem Spielprojekt – von der Konzeption über den ersten Prototypen bis zum finalen Build und letztlich der Veröffentlichung auf der eigenen Veranstaltung. Professor Alexander Marbach, der das Projekt betreut, hält viel auf dieses Konzept: „Die Mittweidaer Medieninformatik-Studierenden lernen, in einem großen Team zu arbeiten. Ohne es durchlebt zu haben, kann man gar nicht einschätzen, wie viel Zeit unverzichtbare Aspekte wie Kommunikation, Wissensmanagement und Projektmanagement kosten. In diesem Hochschulprojekt können die Studierenden das in einer sicheren Umgebung erfahren und erleben, ohne dass bei einem Fehler direkt das Schicksal der eigenen Firma gefährdet wird. Dass sie sich dabei kreativ ausleben können, ist ein angenehmer Bonus.“

In das Spiel haben etwa 50 studentische Entwickler insgesamt über 17.500 Stunden Arbeitszeit investiert. Ampguard ist ein Einzelspieler-„Rogue-Like“. Als namensstiftender Ampguard muss man sein Dorf mit der Unterstützung seines magischen Geistervogels gegen die Yokai verteidigen. Das sind böse Geister, die die Tiere des Waldes befallen. Über den Spielverlauf findet man Scherben, die unterschiedliche Fähigkeiten verleihen, die sich durch Talismane weiter verstärken lassen. Die Beherrschung dieser Wechselwirkungen ist neben der strategischen Positionierung und Bewegung des Charakters die größte Herausforderung.

Dean Müller, studentischer Creative Director und damit leitender Entwickler der Spielidee, sagt dazu: „Wir wollten erreichen, dass der Spieler ständig herausgefordert ist. Durch die Wahl deiner Scherben und Talismane kannst du deine Fähigkeiten an deinen eigenen Stil anpassen und wirst immer mächtiger. Trotzdem musst du immer mitdenken und dich klug entscheiden. Ampguard vergibt keine Fehler – wenn du stirbst, musst du von vorn anfangen.“ Dabei wird bei jedem neuen Start eine komplett neue Spielwelt generiert.

Ampguard wurde als erstes Mittweidaer Studierendenprojekt auf der größten Games-Plattform Steam veröffentlicht und erreicht damit ein weltweites Publikum. Weitere beta-Spiele der früheren Jahrgänge sollen bald folgen. Insbesondere für derart kleine und unabhängig verlegte Spiele gibt es ein großes Publikum. Ampguard verzeichnet bereits nach nicht einmal zwei Wochen über 10.000 Downloads durch Spielende aus aller Welt – ein voller Erfolg für das Team.

„Es ist wirklich unglaublich cool, innerhalb des Studiums schon auf so einem Level ein Projekt veröffentlichen zu können",  sagt Jesco Vogt, Technical Director und damit Chef-Programmierer von Ampguard. „Ich bin super zufrieden mit dem, was wir als Team in diesem einen Jahr geschafft haben und wie weit wir uns entwickelt haben. Natürlich haben wir zum Beispiel auf Steam auch hin und wieder harsche Kritik bekommen. Das ist vollkommen okay, da wir natürlich noch nicht perfekt sind und auch später im Job unsere Arbeit auch andern gefallen muss und nicht nur uns selbst.“

Ampguard kann auf Steam und  itch.io kostenlos heruntergeladen und gespielt werden.

Abschied – nicht für immer

Für Professor Marbach und alle anderen Lehrenden und Mitarbeitenden, die die Studierenden über die vergangenen fünf Semester begleiten durften, ist die beta auch immer ein Abschied. Insbesondere über die Entwicklungszeit des Spiels lernt man sich gut kennen, es entstehen Freundschaften und man unterstützt sich auch über die Lehre hinaus. Jetzt gehen die meisten Fünftsemester in ihr Praktikum und beenden danach ihr Studium. Zwar bleiben einige noch für den Master, für die meisten ist hier aber Schluss mit dem gemeinsamen Weg. „Natürlich habe ich bei der beta ein lachendes und ein weinendes Auge“, verrät Professor Marbach. „Ich bin unfassbar stolz auf meine Studierenden, aber gleichzeitig realisiere ich erst bei der beta richtig, dass wir vermutlich nie wieder in dieser Runde zusammensitzen werden. Aber das gehört nun mal zum Job. Und es freut mich, dass ich gute vorbereitete Absolvent:innen in die Berufswelt entlassen kann. Aus Studierenden werden Alumni und mit vielen habe ich noch engen Kontakt und sehe, wie sie ihre Träume verwirklichen. Das ist ein tolles Gefühl.“

Für alle Alumni von Medieninformatik und Interaktives Entertainment hatte Professor Marbach noch eine Überraschung: Die Hochschule lädt alle ehemaligen und aktuellen Medieninformatik-Studierenden am 8. Juli 2022 zur nachgeholten 10. Geburtstagsfeier des seit 2011 angebotenen Studiengangs ein.

Games studieren: Spiele-Entwicklung und mehr in Mittweida

Schwerpunkte im interdisziplinären Bachelorstudiengang Medieninformatik und Interaktives Entertainment sind Grundlagen in Medientechnik und Medienmanagement sowie die inhaltliche, gestalterische und programmiertechnische Entwicklung interaktiver Medienangebote oder komplexer Softwaresysteme für das Wissens- und Informationsmanagement.

Im gleichnamigen Master-Studiengang lassen sich anschließenn Kennnisse und Fertigkeiten in den folgenden Gebieten vertiefen: Game Production, VFX-Production, Webentwicklung, Mixed Reality und Deep Learning sowie IT-Governance.

Der Livestream der beta 2022 kann hier nachgesehen werden.